Mittwoch, 24. September 2014

Brainfood Nootropika

Brainfood Nootropika


Nach MEYERS Lexikons sind Nootropika, Arzneimittel, die Hirnleistungen, vor allem Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Urteilsvermögen und Orientierung durch Beeinflussung des Gehirnstoffwechsels verbessern sollen.

Im weitesten Sinne handelt es sich um Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder andere Substanzen, denen eine vorteilhafte Wirkung auf das zentrale Nervensystem zugesprochen wird, auch „Gehirndoping-Mittel“ oder „intelligente Drogen“ („smart drugs“). Im engeren und wissenschaftlich-pharmakologischen Sinne sind Arzneimittel gemeint, die als so genannte Antidementiva für die Behandlung einer Demenz zugelassen sind.

Für die in der angloamerikanischen Literatur als „Cognition-Enhancers“, „Dementia
drugs“ oder „Cerebral active drugs“ verwendeten Medikamente wird im deutschsprachigen
Raum üblicherweise der Begriff Nootropika verwendet. Diese sind im ZNS wirksam
und erhöhen nur unter pathologischen Bedingungen die höheren mentalen Funktionen,
wie z.B. Gedächtnis-, Orientierungs-, Lern-, Auffassungs-, Denk- und Konzentrationsfähigkeit.
Bisher gibt es keine kausale Therapie der Alzheimerdemenz oder der
vaskulären Demenz. In der Therapie mit Nootropika konnte immer wieder von symptomatischen
Verbesserungen und Stabilisierungen berichtet werden, die beim progredienten
Demenzverlauf bereits als Behandlungserfolg angesehen werden müssen. Alle
dzt. vorhandenen symptomatischen Therapien werden zumeist vom Krankheitsprozess
eingeholt. Auf Grund der zu erwartenden geringen Placebo Verum Differenz sind längerfristige,
über ein Jahr hinausgehende Untersuchungen notwendig, im allgemeinen
jedoch sehr schwer wegen der placebo-kontrollierten Gruppen durchführbar. Für die
meisten Nootropika stehen derartige Langzeitstudien deshalb auch nicht zur Verfügung,
die meisten Studien wurden in den 70er und 80er Jahren durchgeführt und entsprechen
somit nicht den neuesten methodologischen Richtlinien. Deshalb fiel zumeist
auch die Gesamtbeurteilung der Nootropika in der Vergangenheit eher skeptisch aus.
Die in den deutschsprachigen Ländern und in Frankreich erfolgte eher positive Beurteilung
der Nootropika wird von den angelsächsischen Ländern nicht geteilt. In den USA
und in Großbritannien sind keinerlei Nootropika für die Indikation Demenz zugelassen.
Zumeist wird die Überlegenheit von Nootropika gegenüber Placebo in einigen psychologischen
Tests nicht angezweifelt, sondern es erhebt sich die Frage, ob diese interne
Validität auch ausreichende externe Validität besitzt? – d.h. ob eine statistisch signifikante
Symptomverbesserung in klinischen Studien auch von ausreichender klinischer
und alltagspraktischer Relevanz ist.
Obwohl kontrollierte Doppelblindstudien für die meisten Nootropika zur Demenz vorliegen,
wird deren Wirksamkeit für Demenzprozesse noch immer kontrovers diskutiert.
Für die große Patientengruppe der „leicht kognitiv Beeinträchtigten“ (ICD 10: F06.7)
liegen bisher keine ausreichenden Wirksamkeitsnachweise vor. Trotzdem ist die Gruppe
der leicht kognitiv Gestörten, die in Österreich ca. 400.000 Personen beträgt, das
Hauptindikationsgebiet für Nootropika. Insgesamt ist über die neurobiologischen
Grundlagen der leichten kognitiven Beeinträchtigung relativ wenig bekannt und man
weiß bis heute nicht, ob hier die gleichen pathophysiologischen Prozesse vorliegen,
wie bei der Alzheimerdemenz und der vaskulären Demenz. Für diese große Gruppe
der leicht kognitiv Beeinträchtigten sind neue Studien mit Nootropika zu fordern, da es
nicht schlüssig ist, Studienergebnisse von Demenzprozessen auf die wesentlich größere
Gruppe der leicht kognitiv Beeinträchtigten zu extrapolieren.

Auch andere Indikationsgebiete für Nootropika, wie z.B. Lernstörungen bei Kindern,
Entzugssyndrome bei Alkohol- und Tranquilizerabusus, apoplektische Cerebralinfarkte
und Residualsyndrome nach Schädel-Hirntraumen sind ebenfalls in zu geringem Ausmaß
untersucht, um eine schlüssige Beurteilung der Nootropika abzugeben. Zumeist
bleibt von allen Kritikern der berechtigte Vorwurf über, dass die in der Vergangenheit
untersuchten Patientengruppen nicht ausreichend genau definiert waren, keine sauberen
Diff.Diagnosen durchgeführt wurden und die verwendeten primären und sekundären
Zielparameter nicht so genau definiert waren, wie dies für Studien mit Cholinesterasehemmern
und Memantine bei Demenz gilt.
Auch die Frage, welchem der Nootropika der Vorzug gegeben werden sollte, ist
schwierig zu beantworten, da die Verum Placebodifferenzen in den meisten Studien
zumeist nur zwischen 15 und 25% betragen und nur sehr wenige Vergleichsuntersuchungen
durchgeführt wurden. Interessant ist aber eine Untersuchung von Kanovsky
aus dem Jahre 1988, die Nimodipin (Nimotop) versus Dihydroergotoxin (Hydergin) versus
Placebo untersuchte und eine signifikante Überlegenheit beider Verumpräparate
nachweisen konnte. Die Dauer der Behandlung sollte nicht unter drei Monaten liegen,
da kognitive Defizite und die Alltagskompetenz keine derartig rapiden Verbesserungen
erwarten lassen.
Zu Dihydroergotoxin (Hydergin) liegen zahlreiche klinische Studien aus der Vergangenheit
vor, die niemals einen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis erbrachten, jedoch
eine sehr geringe Nebenwirkungsrate nachwiesen. Ein rezentes Cochrane Review
konstatiert, dass Hydergin einen gewissen Effekt in der globalen Funktion aufweist, es
empfiehlt jedoch weitere Wirksamkeitsstudien.
Für zwei Nootropika gibt es aber rezentere Studien: die eine Substanz ist Ginkgobiloba,
die in Studien von Le Bars und Kanovsky 1997 und in einer rezenten Studie
von Ihl 2005 unter Durchführung neuer Studienstandards signifikante Wirksamkeit gegenüber
Placebo nachgewiesen hat. In einer Metaanalyse konnten fünf Studien zu
Ginkgo analysiert werden und es wurde ein geringer, aber signifikanter Nachweis einer
kognitiven Verbesserung erzielt. Ginkgo-biloba-Präparate werden häufig bereits in Vorstadien
der Demenz oder als Kombinationstherapien verwendet. Zumeist gelten sie als
sehr gut verträglich mit einem geringen Interaktionspotenzial. Zu beachten ist allerdings
die reduzierte Blutgerinnung und eine in der Literatur beschriebene Interaktion
zwischen Ginkgo und Trazodon, die bei einem Patienten zu komatösen Zuständen
geführt hat, und durch Flumazenil reversibel war. Dies zeigt, dass Ginkgo neben der
bekannten antioxitativen Wirkung am Benzodiazepinrezeptor eine Aktivität entfalten
muss.
Für das peptiderge Nootropikum Cerebrolysin gibt es in mehreren klinischen multizentrischen
Doppelblindstudien jeweils übereinstimmende Wirksamkeitsnachweise bei
Demenz. Cerebrolysin wird durch standardisierte biotechnologischen Methoden und
einem standardisierten proteolytischen Prozess aus Schweinehirnproteinen gewonnen.


Hierbei wirken biologisch aktive Peptide wie ein natürlicher Wachstumsfaktor, nämlich
neurotroph und neuroprotektiv. Mit seinem geringen Molekulargewicht von unter 10
KDalton ist eine ausreichende Bluthirnschrankenpassage gewährleistet. Rezente Studien
von Frei 2002 zeigen, dass Cerebrolysin sich vor allem in den bei der Alzheimerdemenz
besonders beeinträchtigten Hirnarealen, wie dem Hippocampus und dem septalen
Nukleus anreichert, und eine ähnliche neurotophe Aktivität entfaltet, wie der Nervenwachstumsfaktor.
Cerebrolysin konnte die Degeneration von medialen septalen
cholinergen Neuronen verhindern. Im Tierversuch konnte Cerebrolysin die synaptische
Dichte erhöhen und die neuronale Zytoarchitekturstruktur normalisieren. Auch das
räumliche Lernvermögen und Gedächtnisdefizite konnten verbessert werden. Weltweit
wurden in klinischen Studien bereits mehr als 1600 Patienten integriert. Vor allem die
Studien von Rüther 2001 und die Studien von Alvarez zeigen einen signifikant positiven
Effekt von Cerebrolysin bei Alzheimerdemenz bzw. bei Patienten nach postakuter
traumatischer Hirnschädigung. Hierbei verbesserten sich die Patienten in der Rüther-
Studie nicht nur im weltweit führenden primären Zielparameter der Alzheimer disease
assessment-Scale (ADAS-Cog), sondern auch in den Aktivitäten des täglichen Lebens
und in der neuropsychiatrischen Symptomatik.
Zusammenfassend lässt sich aussagen, dass unter Cerebrolysinbehandlung Patienten
eine signifikante Verbesserung ihrer Wahrnehmung, der Alltagskompetenz und der
Verhaltensveränderungen zeigten und dass ihr Zustand für sieben Monate stabil blieb.
Die Wiederholung einer Cerebrolysinbehandlung nach einem therapiefreien Intervall
verstärkte den therapeutischen Effekt. Dass Cerebrolysin hierbei sicher und gut verträglich
war, zeigte die mit Placebo vergleichbare Nebenwirkungsrate. Auch die österreichische
Alzheimer Gesellschaft bestätigte in ihrem Alzheimer Konsensus Statement
dass die klinische Wirksamkeit von Cerebrolysin bei Alzheimerdemenz evidenzbasiert
sei.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit vieler als Nootropika bezeichneten Substanzen ist umstritten.

Am eindeutigsten an größeren Kollektiven belegt ist die Wirkung der Azetylcholinesterasehemmer Donepezil, Rivastigmin und Galantamin sowie des NMDA-Antagonisten Memantin. Auch wenn diese Einschätzung nicht ganz unumstritten geblieben ist, werden diese Medikamente derzeit in Leitlinien zur Behandlung der meisten Demenz-Formen empfohlen.

Die Studienergebnisse über die übrigen Substanzen sind widersprüchlich. Dies gilt vor allem für das derzeit noch am meisten verordnete Nootropikum Ginkgo. Andere Medikamente gelten in der evidenzbasierten Medizin zur Behandlung kognitiver Störungen im Rahmen der Demenz als unwirksam.












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